Schwandt, Jürgen

Kapitän Jürgen Schwandt wurde 1936 in Hamburg geboren und wuchs in St. Georg auf.

Der Vater war ein ranghoher Soldat der Nationalsozialisten. Vater und Sohn hatten deshalb viel Streit, denn schon damals war Jürgen Schwandt ganz entschieden gegen Rechts. Er wollte früh weg aus der Enge der elterlichen Gesinnung und aus Hamburg, hinaus in die weite Welt.

Zur Seefahrt brachte ihn sein Lehrer, der mit der Klasse einen alten Marinekutter, so weit es ging, wieder flott machte, den Jugendlichen die Grundlagen der Seefahrt beibrachte und mit ihnen auf der Elbe eine Klassenfahrt machte. Der Lehrer wollte die Kinder von der Straße holen. 

Mit 16 konnte Jürgen Schwandt mit Genehmigung der Eltern als Schiffsjunge auf einem Segelschiff anheuern. Drei Jahre später überlebte er als Teil der Mannschaft des Frachters „Franziska Sartori“ nur knapp einen schweren Sturm im Nordatlantik. Die Brücke des Schiffes war vollkommen zerstört, der Frachter manövrierunfähig, doch die Mannschaft hatte Glück. Sie konnte einen Notruf absetzen und wurde gerettet. Als die Mannschaft endlich nach mehreren Tagen in Lissabon an Land gehen konnte, wurde dieser „zweite Geburtstag“ erstmal richtig gefeiert – mit allem, was das Klischee über die Seefahrer so hergibt.

Der Schiffsjunge arbeitet sich hoch, erlebte noch einige Stürme und wurde Kapitän.

Nach fast 20 Jahren auf See heiratete er 1971 seine Frau Gerlinde, die er bei einer Tanzveranstaltung kennengelernt hatte. Sie war Kinder- und Säuglingskrankenschwester. Sie zogen nach Rellingen. Ihr zuliebe nahm er einen Job beim Hamburger Zoll an. Die ersten Jahre lagen das Seefahrtsbuch und der Seesack stets bereit. Doch er blieb, wurde später sogar Leiter des Zoll-Kommissariats im Hamburger Hafen.

Auch beim Zoll erlebte er so einiges. Zum Beispiel wie nervöse Schmuggler 2,5 Tonnen Hasch ins Wasser schmissen und alles wieder herausgefischt werden musste.

Als Kontrastprogramm begann er zu reiten, wurde sogar Reitlehrer. Die Liebe zu Pferden und zu Antiquitäten teilt er mit Ehefrau Gerlinde. Gemeinsam reisen sie gerne, z.B. mit dem Auto ans Meer; Gerlinde wird seekrank.

Um das Fernweh und die Sehnsucht nach dem Meer zu befriedigen, reiste Jürgen Schwandt gerne auf Containerschiffen als Passagier mit.

Mit 80 machte er eine zweite Karriere als Kolumnist bei der Hamburger Morgenpost. Er schrieb von seinen Erfahrungen auf See, positionierte sich klar gegen Rassismus und warb für mehr Toleranz. Der Autor Stefan Krücken schrieb seine Biographie „Sturmwarnung“, die ein Bestseller geworden ist. Im Januar 2024 gab es eine Neuauflage mit dem neuen Kapitel „Was ich Euch noch sagen wollte“. Es handelt davon, wie man durch die Stürme des Lebens kommt.

Nach wie vor engagiert sich Jürgen Schwandt lautstark gegen Rechts. So auch auf der Kundgebung „Rellingen bleibt bunt“ im Februar 2024 auf dem Arkadenhof neben Bürgermeister Marc Trampe, Pastorin Inga Roetz-Millon und anderen.

„Auf meinen Reisen habe ich gelernt, weltoffen und tolerant zu sein. Es gibt überall reizende Menschen. Und es gibt überall Arschlöcher. Das hat nichts mit Religion, Nationalität, Hautfarbe oder politischer Einstellung zu tun.“ Wie wahr!

Jürgen Schwandt Bleistift und Kreide auf Toned Tanned Paper
Künstlerin: Annett Bergk

animiert mit KI