Anja Radtke ist schon in Rellingen zur Grundschule gegangen. Im Schulzentrum Egenbüttel bzw. am „Gymnasium im Entstehen Halstenbek“ verbrachte sie die erste Zeit der Oberschule und machte ihr Abitur am daraus entstandenen Wolfgang-Borchert-Gymnasium in Halstenbek.
Nach dem Abitur wollte sie gerne eine Ausbildung in der Gemeinde Rellingen machen. Doch dort wurde sie abgelehnt; jemanden mit Abitur konnte man nicht ausbilden. Man empfahl sie nach Pinneberg, wo sie eine Ausbildung für den gehobenen Dienst absolvierte. In Kiel machte sie ihren Abschluss zur Diplom Verwaltungswirtin.
Anschließend kehrte Anja Radtke nach Rellingen zurück. Sie arbeitet insgesamt 34 Jahre im Rellinger Rathaus in unterschiedlichen Positionen, 15 Jahre davon als Büroleiterin, sechs als Bürgermeisterin. Auf die Idee, sich für das Amt der Bürgermeisterin zu bewerben, kam sie nicht von selbst. „Ich wurde angesprochen, war mir aber vorerst nicht sicher, ob ich es schaffen würde. Doch das großartige Team, mit dem ich damals schon viele Jahre im Rathaus gearbeitet hatte, unterstützte und überzeugte mich“, so Radtke. In den Fraktionen fand die parteilose Mitvierzigerin ebenfalls eine breite Unterstützung. Im August 2010 wurde sie zur ersten Bürgermeisterin Rellingens gewählt.
In Ihrer Amtszeit durfte sie viele interessante Menschen kennenlernen und an vielen großartigen Projekten arbeiten und diese umsetzen.
Besonders nachhaltig und wichtig für uns Rellingerinnen und Rellinger war der Ausbau des Glasfasernetzes in der Gemeinde. „Das war damals eine teure Angelegenheit und somit eine mutige, aber im Hinblick auf die vielen Homeoffice- und Homeschooling-Tage der vergangenen Jahre vor allem eine richtige Entscheidung.“
Die Einführung einer gymnasialen Oberstufe an der Caspar-Voght-Schule trieb sie ebenso mit voran.
In einer kleinen Gemeinde wie Rellingen ist man als Bürgermeisterin oder Bürgermeister quasi rund um die Uhr im Einsatz, ob im Büro, beim Bäcker, Tag oder Nacht. Das zehrt und belastet die Gesundheit. Trotz ihrer MS-Erkrankung hielt Anja Radtke dieser Belastung stand. Eine zweite Amtszeit kam für sie aber nicht in Frage.
Besondere Freude machten und machen Anja Radtke Projekte mit Ehrenamtlichen wie die Aktionen der Bürgerstiftung, deren Gründung sie begleiten durfte, oder das Pfingstzeltlager der Kreisfeuerwehren 2015 mit über 800 Jugendlichen und 200 Betreuenden auf dem Gelände der CVS, das 2025 ein Revival erleben soll.
Ehrenamtliche sind ein wichtiger Bestandteil der Gemeindearbeit. Ohne sie könnten die vielen tollen Aktionen und Projekte in Rellingen nicht stattfinden. „Es ist eine gute Sache, sich einen Abend an den Grill zu stellen und für 1000 hungrige Mäuler zu grillen. Aber es bedarf auch immer einer Person, die im Voraus die Planung übernimmt und zum Beispiel berechnet, wie viele Würstchen überhaupt gebraucht werden. Jemanden zu finden, der diese verantwortungsvollen Aufgaben übernimmt wird immer schwieriger.“ Das bemerkt Anja Radtke auch im Theaterverein, den sie seit vielen Jahren unterstützt.
Für die Zukunft Rellingens wünscht sich Anja Radtke weiterhin ein so gutes Miteinander. Die Zusammenarbeit mit den Vereinen und Verbänden in Rellingen ist hervorragend. Aber ohne ehrenamtliche Hilfe können Veranstaltungen und Angebote wie der Kinderkleidermarkt oder die Tauschbox nicht bewerkstelligt werden. Die nächsten Generationen sollten sich jetzt einbringen und Verantwortung übernehmen.
Privat ist Anja Radtke gerne unterwegs. Mit ihrem Mann bereist sie die Welt in dem Bestreben, Land und Leute kennenzulernen. Dabei wird es durchaus auch sportlich. Skifahren und Tauchen gehören zu den Hobbies der beiden. Auf Reisen fallen ihnen immer wieder Bezüge zu Rellingen auf. So trafen sie auf einer Busfahrt auf den Seychellen ein englisches Pärchen, dass Hamburg nicht kannte, wohl aber Rellingen. Sie gehörten der Crowborough Choral Society in Großbritannien an, dem Partnerchor der Kantorei. So klein ist die Welt.
Anja Radtke Bleistift und Kreide auf Toned Tanned Paper im Entstehungsprozess
Künstlerin: Annett Bergk