Estis, Nikolai

Geboren und aufgewachsen in einer jüdischen Familie in Kiew erlebte Nikolai im Kindergarten den zweiten Weltkrieg mit.

In einem Interview mit dem Monopol Magazin im August 2023 beschreibt er die Erlebnisse so: „Ich erinnere mich nicht an die Geräusche – nur an die Farben“, „Ich war gebannt von Farbe und Licht.“

Das Gespür für Farbe und Licht zeigt Nikolai in seinen Bildern. Studiert hat er in Moskau. Die dortige Zensur machte ihm das Leben nicht leichter. Das naturgetreue Gemälde eines Klosters war nicht „bewilligungsfähig“ aufgrund des religiösen Motives. War etwas fremdartig, „unrussisch“, wurde es als „Jüdische Graphik“ bezeichnet, ein Begriff der in der Sowjetunion tatsächlich nicht nur für Werke jüdischer Künstler genutzt wurde.

Trotzdem erkannte man Nikolais Talent. Immer mehr seiner Werke wurden ausgestellt, und auch im Ausland wuchs das Interesse. Heute befinden sich seine Bilder, die der Künstler sehr ungerne verkauft, in Museen der ganzen Welt, u.a. auch in Moskau. „Diese Werke sind heute von der neuen Zensur und sogar von Säuberungsaktionen bedroht. Freie Kunst wird wieder als „dekadent“, „westlich“ und „antirussisch“ diffamiert. Die Geschichte wiederholt sich“, berichtet Nikolai in dem gleichen Interview.

Seit 1996 lebt er mit seiner Familie in Deutschland. Seit einiger Zeit malt er mit geflüchteten ukrainischen Kindern. Er macht sich Gedanken um das, was die Kinder in ihrer Heimat erlebt haben, und um deren ungewisse Zukunft. „Sie sind durch den Krieg früh erwachsen geworden, doch mit dem Pinsel in der Hand, fühlen sie sich frei. Ich merke, wie sehr sie malen wollen. Denn Kunst heilt, Kunst stillt den Schmerz, verleiht Hoffnung – und bietet eine Heimat.“

Nikolai Estis Bleistift und Kreide auf Toned Tanned Paper im Entstehungsprozess
Künstlerin: Annett Bergk